Jan 17, 2011

BSH fordert: Polder öffnen statt Deiche erhöhen


Hochwasserschutz - für wen?

BSH fordert mehr Polderöffnungen statt Deicherhöhungen

Wardenburg. Ein Teil der bisher erfolgten Erhöhungen binnenländischer Deiche wäre nach Auffassung der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH)  verzichtbar gewesen, was erhebliche Kosten gespart hätte,  würde man traditionelle winterliche Überschwemmungsflächen und Hochwasserpolder in den Flussniederungen früher öffnen und das entsprechende Hochwasser in das dort befindliche Grünland einleiten. Das hätte sogar wie zu Zeiten der Rieselwiesen einen grünlanddüngenden Effekt. Auch fänden Wildgänse und Schwäne mehr und bessere Weidegründe.

Stattdessen würden die heutigen Deicherhöhungen im Binnennland dem entgegenstehen und oftmals nur jenen wenigen Industrielandwirten zugute kommen, die auch wertvolle Wiesenvogelgebiete und Winterquartiere für rastende Zugvögel unerlaubterweise in Maisäcker zur Biogasgewinnung verwandelt hätten und dabei keine Zeit verlieren wollen. Ein Ende ist nicht abzusehen.  Die BSH verurteilt diese Vorgänge auf das Schärfste, weil diejenigen, die so handel(te)n, gegen gesetzgeberische Auflagen wie das zur Umbruchzeit gültige Niedersächsische Wassergesetz verstoßen haben und ungebremst weitermachen.

Seit Bestehen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, also seit etwa einem Jahrzehnt, werde durch bestimmte Landwirte systematisch und ohne Unterbrechung gegen das „Verschlechterungsverbot“  in gewässernahen Bereichen verstoßen. Dazu stellt der Vorsitzende der BSH, Dr. Remmer Akkermann, fest:  „Die Flussniederungen sind ein großflächiges Opfer einer gesetzes-missachtenden Umwandlungsstrategie von Grünland zu Maisacker; auch geschützte Feuchtgebiete bleiben davon großflächig nicht mehr verschont“. Nach Abschaffung der Bezirksregierungen fehle hier eine kontrollierende Mittelbehörde, die Grenzen setze. Die BSH sieht darüber hinaus in den erfolgten landesgesetzlich aufgeweichten  Umweltauflagen Verstöße gegen EU-Rahmenvorgaben.

Wo kein Grünland mehr ist, so die BSH, da finden wir im Sommer auch kaum noch Schnepfen, Kiebitze, Grauammern oder Feldlerchen, von Störchen ganz zu schweigen –  da dröhnen stattdessen im August die Maisroder und Silagefahrzeuge, denn die neuen Energiewirte sind am Werk. Der hohe Profit reizt leider auch andere, das Gleiche zu tun.

Und die Bevölkerung muss ohnmächtig zuschauen, wie diese Entwicklung fortschreitet und die Erholungslandschaft in hohem Maße zu Maiswüsten umgestaltet wird. Kann man im Sommer wegen hoher grüner Maiswände nicht mehr in die Ferne schauen, so verschandeln die Maisstoppeln danach das Landschaftsbild, zumal die Ausbringung von Gülle und ebenso geruchsintensiven Biogasresten in Feuchtgebieten und Grundwasserschutzzonen große Probleme verursacht.

Die Schutzgemeinschaft fordert von den zuständigen politischen Entscheidungsträgern, also Ministerien der Landesregierung und Landtagsabgeordneten sowie den Landkreisen und  Wasserverbänden einen besseren gesetzlichen Schutz von Feuchtgrünland und ein Umbruchsverbot zu Äckern, mindestens in Überschwemmungsniederungen und den gesetzlichen Hochwasserschutzgebieten.  Die EU zeigt es bei ihrer Grundförderung auf  -  die Hälfte des Agrarlandes hat dem Grünland vorbehalten zu bleiben, der Maisanbau hat da nichts zu suchen. Die BSH fordert außerdem die Stillegung oder Extensivierung von mindestens 10 Prozent Flächenanteil eines jeden landwirtschaftlichen Betriebes, damit nicht alle Werte von vielen unbemerkt untergehen.

Wer weiterhin feuchtes Grünland umpflügt, sollte durch die untere Naturschutz- bzw. Baubehörde alternativlos zur Wiederherstellung des vormaligen Zustands verpflichtet werden. Wer durch massives Auffahren von Bodenmaterial für mehr Trockenheit sorgt, sollte den alten Zustand ebenfalls sofort wiederherstellen müssen. Ein Freikaufen (zum Beispiel 1.000 EUR Bußgeld) aus der Portokasse, wie an der Lethe gerade geschehen, sollte unzulässig sein.

Ausnahmeparagraphen sind hier fehl am Platze, die Landkreise, Städte und Gemeinden sind aufgerufen, bei Landschaftsverstößen endlich konsequent durchzugreifen – was manche auch schon in einem gewissen Umfang tun. Allerdings darf das durch politische Einflussnahme nicht durch die Hintertür torpediert werden, nach dem Motto: Wer mehr Steuern zahlt oder politische Verbindungen hat, darf sich mehr erlauben als die kleineren Betriebe.

Liesa von Essen

Weitere Informationen unter: www.bsh-natur.de

 

Foto anbei: Dieter Tornow, Diepholz (BSH-Archiv)

Überfluteter Maisacker am Fluss, Nährstoffe werden aus dem Boden ausgewaschen, wertvolle humöse Bodenanteile weggeschwemmt (Erosion), hier hätte der Landkreis ein Anbauverbot aussprechen müssen, denn Flussniederungen sollten dem Grünland und Hochwasser vorbehalten bleiben.

 

Sie erreichen die BSH unter  Tel. 04407 5111       (verwaltung@bsh-natur.de)

c/o Frau Liesa von Essen, M.Sc.

den BSH-Vorsitzenden unter Tel. 04407 922201  (akkermann.remmer@t-online.de)

 

 

Kategorie: General
Erstellt von: BSH
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Was die ausufernde wassertouristische Entwicklung, diese „Öffnung für den Menschen“ für die Hunte bedeutet, kann jeder im Internet nachlesen (www.flusslandschaft-hunte.de):Allein für den Bereich einer Gemeinde werden aufgezählt: 12 einzubauende Rampen als Ein- und Ausstiegsstellen, 3 Steganlagen, 1 Treppenanlage,

15 Befestigungen für Kanus. Auf dem gesamten Flussabschnitt zwischen Diepholz und Wildeshausen sind etwa alle zwei bis drei Kilometer Ein- und Ausstiegsstellen für Kanuten geplant, und zwar mit der dazugehörigen Möblierung (Tisch, Bänke, evtl. sanitäre Anlagen). Damit kämen an die 50 Anlegestellen auf diesen Fluss zu.

„Offener für den Menschen“ geht es kaum. Das darf aber nicht geschehen. Damit die von den Projektplanern erwarteten Wassertouristen auch auf einem attraktiven Gewässer fahren können, sieht das Projekt zwei weitere Handlungsbereiche vor: „Wasserbau“ und „Naturschutz“. Hier werden nun endlich wirklich begrüßenswerte Maßnahmen zum naturnahen Rückbau der Hunte geplant, angefangen beim  Umbau der Wehre und Fischtreppen bis hin zu den Anbindungen von Altarmen und dem Einbau von Flussschlingen.

Für die BSH stellt sich allerdings die Frage, ob solche notwendigen Naturschutzmaßnahmen heutzutage nur noch dann umzusetzen und zu rechtfertigen sind, wenn sie irgendeinen wirtschaftlichen Nutzen für den Menschen zu versprechen scheinen? Offensichtlich findet das auch Resonanz bei Überlegungen in der Metropolregion Bremen-Oldenburg, denen die BSH nicht zustimmt. Denn der Schutz der Natur darf nicht nur noch ein  Vehikel für die Tourismuswirtschaft sein. Der Chef des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner, mahnte bei der Wirtschaft an, die Natur und die Artenvielfalt als „Wert an sich“ mehr zu schätzen – sie gibt es (noch) kostenlos ohne Eintritt und Miete für alle Menschen zu jeder Zeit erholungswirksam zu erleben.

Für die Hunte heißt das, sie selbst ist zu schützen, ganz unabhängig von dem möglichen touristischen Potenzial, das in ihr angeblich schlummert. Denn sie gehört beispielsweise zu den wenigen Gewässern in Nordwestdeutschland, in denen schon heute Lachs und Meerforelle, spätestens nach Herstellung der biologischen Durchgängigkeit wieder aufsteigen und in Seiten- und Oberläufen ablaichen. Andernorts werden diese Wanderfischarten bereits im Mündungsbereich der Flüsse abgefischt oder sie können die Barrieren im Fluss gar nicht überwinden.

Damit die Hunte wieder „Lebensader für Natur und Mensch“ wird, wie es das Projekt Flusslandschaft Hunte fordert, muss niemand, der nicht gerade einer Wassersportgruppe am Fluss angehört,  auf ihr paddeln. Als Mensch kann man sich auch am Wasser, nicht nur auf dem Wasser erholen und die Natur ohne allzu große Störung von Flora und Fauna erleben.


Weitere Informationen siehe: www.bsh-natur.de

F.d.R.:    Dr. Remmer Akkermann

BSH-Vorsitzender,  Tel. 04407 -  922201  oder Büro: 04407 - 5111


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