Belastungsgrenzen bei der Erweiterung der Tierhaltung endlich feststellen!
Naturschutzverbände BSH und NVN fordern Tierhaltungslimit und Baustop für Ställe
Wardenburg/Hannover. In einem Schreiben an Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast fordert der Naturschutzverband Niedersachsen (NVN) mit Unterstützung der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH) eine allgemeine Begrenzung der Tierhaltung und des daraus erwachsenden Anteils an Gülle. In West-Niedersachsen seien die Belastungsgrenzen bereits seit Jahren weit überschritten.
Angesichts der neu festzusetzenden politischen Leitlinien in der Landwirtschafts- politik der Bundesregierung machen die Verbände die Ministerin auf Probleme in der 'Massentierhaltung' aufmerksam, deren Regelung - auch im Zusammenhang mit laufenden Umstellungen in der landwirtschaftlichen Fleischproduktion - seit Jahrzehnten wegen fehlender politischer Rahmenbedingungen nicht vorangekommen seien.
Gerade die nordwestdeutschen Zentren der Tierhaltung, also Landkreise wie Vechta, Cloppenburg, Emsland, Oldenburg und das nördliche Münsterland, ge- nehmigen unablässig neue Stallungen. Allein 1999 lagen in West-Niedersachsen die eingereichten Anträge für laut BlmSchG genehmigungsbedürftige Anlagen deutlich über 200.
Dass hier angesichts der übermäßigen Abgas-, Staub- und Keimbelastungen und damit in Verbindung stehenden Atemwegserkrankungen in 30 Jahren niedersächsischer und bundesdeutscher Agrarpolitik so gut wie nichts Nennenswertes getan wurde, um die Bevölkerung zu schützen, sei Ursache für das Entstehen zahlreicher Bürgerinitiativen und Protestgruppen. Die § 29-Beteiligungsverfahren zeigten nun- mehr eine weitere Forcierung der baulichen Aktivitäten im Geflügelsektor, insbe- sondere bei Hähnchen und Puten.
Flankierend zu den BSE-bedingten Umstellungen bedürfe es außerordentlich drin- gend gestzlicher Maßnahmen im gesamten Bereich der Fleischerzeugung.
Einige für den nordwestdeutschen Raum wichtige Aspekte wurden der Ministerin vorgelegt mit der Bitte, sich für eine entsprechende Verbesserung der jahrelangen Mißstände, gerade auch bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen, einzusetzen.
Rechtlicher Handlungsbedarf im Zusammenhang mit der Genehmigung von Tierställen
Schnellstmögliche Abschaffung der Privilegierung landwirtschaftlicher Bauvorhaben
Bausperre bei Tierdichten, die bereits die Flächenbindung überschritten haben und dazu zwingen, Gülle über (z.T. weit) mehr als 15 km zu exportieren, was die Seuchenausbreitung fördert bzw.
Anbausperre im Falle überbelasteter Böden (z.B.» Phosphate, Kupfer u.a. Schwermetalle ein bis vielfach über Grenzwerten)
Verabschiedung der EU-Informationsgesetzgebung in deutsches Recht und daraus folgend die gesetzliche Verpflichtung, z.B. den gem. § 29 BNatur- schutzG anerkannten Verbänden, die für Tierställe notwendigen qualifi- zierten Flächennachweise unaufgefordert zuzustellen.
Verlagerung der Ställe in Gewerbegebiete, mindestens aber Ausweisung
von Sondergebieten ähnlich Windparks oder Naturschutz-Vorrangflächen
Stärkung der kommunalen Mitwirkung bei allen stallbetreffenden Bauvorha- ben einschließlich der Möglichkeiten, Ställe, die nicht in das regionale bis örtliche Infrastrukturkonzept passen (z.B. bei Naturschutz, Tourismus), end- gültig ablehnen zu können. Zur Zeit enstehen in direkter Nachbarschaft zu Tourismuszentren an der Nordsee Großställe - Konflikte kommen spätes- tens bei Inbetriebnahme.
Erhebliche Minderung durch Emissionen bestehender Anlagen und Techniken, also z.B. im Falle der überall gängigen, aber lange antiquierten Ausbringung von Gülle mit Pralltellern (die die Landschaft mit Gülletröpfchen vollsprühen) statt der Anwendung der Schleppschuhtechnik, oder des Ein- baus von Keimfiltern, die das Ausblasen von Pilzsporen, Bakterien, Viren
aus Ställen unterbinden.
Herausnahme des Bereichs 'Gülle' aus der Düngeverordnung, stattdessen Erlass einer eigenen Bundesgülleverordnung, die die Verbreitung dieser Problemfälle auf der Basis von Dungeinheiten (wie seinerzeit Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Nordreihn-Westfalen) praktikabel und gesundheitlich tragbar regelt.