Wardenburg, 27.08.2003
Auerochse und Waldtarpan kehren zurück
Wardenburg. Auf Einladung der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser- Ems (BSH) referierte Jörg Andreas Krüger vom Naturschutzbund (NABU) in Hannover über die Entwicklung naturnaher Weidelandschaften mit großen Pflanzenfressern als Helfer des Naturschutzes.
In einem informativen Referat mit interessanten Bildbeispielen wurden die Möglichkeiten und Probleme dieser Weidejäger dargestellt.
Bis nach der letzten Eiszeit spielten große Pflanzenfresser, auch Herbivore genannt, in Mitteleuropa eine wichtige Rolle, darunter Elch, Wisent, Auerochse, Rothirsch und das Wildpferd Waldtarpan.
Schon 1627 wurde der letzte Auerochse erlegt. Erst mit den beiden Zoodirektoren Heinz und Lutz Heck wurde dieses Wildrind seit 1921 nach alten Abbildungen aus Hausrindern mit ähnlichem Aussehen rückgezüchtet. Diese Tiere heißen deshalb auch "Heckrinder". Natürlich handelte es sich um Abbilder des Wildrindes mit den Erbanlagen des Hausrindes. Ähnliches geschah mit dem Tarpan. Nach dem Abbild der letzten wildlebenden Vorfahren wurde aus polnischen Pferden ein ähnliches Tier gezüchtet. Es heißt "Konikpferd". Konik ist polnisch und bedeutet Pferdchen.
Heute gibt es in Europa bereits mehrere Naturschutzgebiete, in denen Auerochse und das Konikpferd wieder ausgewildert werden. Sie sind scheu, da sie menschenfern aufwachsen. Die Niederlande sind auf diesem Gebiet mit 400 Naturflächen führend, doch auch in Deutschland gibt es schon einige Projekte. In Niedersachsen gehören dazu das Hutewaldprojekt im Solling, die Ickerbruchwiesen in Wolfsburg sowie das Projekt Uhlsmeer (Aurich), ehemals auch die Moorbachwiese in Vechta.
Darüberhinaus sind in Planung: Die Marschgebiete der Stadt Leer, der Eleonorenwald (LK Cloppenburg und Emsland) sowie die Meißeniederung. Die Gesamtfläche umfasst mind. 1000 ha. Laut Krüger ist der Erfolg von Auswilderung wesentlich von der Größe der Fläche abhängig. Diese zu erwerben, sei bei der heutigen Grundstücksvergabe eines der größten Probleme.
Krüger wies zudem darauf hin, dass man verstehen lernen müsse, dass die vermeintliche "Zerstörung" des Waldes durch große Pflanzenfresser Teil des Kreislaufes und insofern auch erwünscht sei, als sich dadurch (teil-) offene Landschaften herstellen oder bewahren lassen. Dadurch ergeben sich neue Kleinstlebensräume. Unterschiedliche Beweidung und Suhlen, selbst Kothaufen und gelegentlich liegengebliebene tote Tiere (Aas) fördern die Artenvielfalt und Nahrungskreisläufe, aber auch historische Landschaftstypen wie Hutewälder durch Waldweide, lichte Auenvegetation und blumenreiche Wiesen.
Die vorhandene Kollektion an Weidetieren erübrigt den Import fremdländischer Arten, die auch historisch hier nicht anzutreffen waren, als Beispiel Wasserbüffel und Lama. Wichtiges Prinzip ist auch, dass die Tiere kaum oder keine tierärztlichen Betreuung benötigen und sich selbst ohne Zufütterung durch den Winter helfen können. Außerdem betont Krüger den Wunsch der Bevölkerung echter Wildnis zu begegnen. Durch die Verwilderung des Heckrindes, des Wisents sowie des Konik-Pferdes könne man "Afrika direkt vor der Haustür erleben".
Im Anschluss an seinen Vortrag entstand eine rege Diskussion, in der unter anderem Fragen zur Finanzierung sowie zu den Risiken (z. B. Ausbrechen der Tiere aus den eingezäunten Bereichen) aufgeworfen wurden. Weitere Informationen unter: "Aktuelles" auf der BSH Homepage.
Ansprechpartnerin: Christina Langenbruch, Tel. (0 44 07) - 51 11