Wardenburg, den 27.05. 2010
Finger weg von scheinbar schutzbedürftigen Jungvögeln!
BSH sieht oft keinen Handlungsbedarf – Elterntiere meist in der Nähe
Wardenburg. Aus dem Nest gefallene Jungvögel sollten nicht sofort bei der ersten Begegnung als hilflos eingeschätzt, aufgehoben und mitgenommen werden. Darauf weist die Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH) aus gegebenem Anlass hin. Denn gerade in den letzten Tagen wurde nach Pflege- und Unterbringungsmöglichkeiten für gefundene Jungvögel wie Dohlen und Drosseln gefragt.  Die meisten scheinbar schutzbedürftigen Jungvögel benötigen trotz ihrer häufig Mitleid erweckenden Stimmen keine menschliche Hilfe zum Überleben. Diese Stimmfühlungsrufe von Jungvögeln sind primär ein Signal zur Positionsanzeige gegenüber den Altvögeln, die in der Nähe sind, sich aber angesichts der anwesenden Menschen nicht gleich sehen lassen oder zu füttern trauen. Das gilt auch für bodenbrütende Enten. Auf Nordseeinseln kann das auch ein ganzer Trupp von höchst aktiven Brandgans-Küken sein, die in den Dünen oder am Wegesrand kläglich piepend einen recht verlassenen Eindruck machen und unweigerlich die Hilfsbereitschaft eines vorbeikommenden Menschen auslösen. Tagsüber und bei gutem Wetter ist das aber nicht vonnöten.
Auf dem Boden aufgefundene nackte oder noch nicht voll befiederte Singvögel (Nestlinge) haben im Nest die größten Überlebenschancen. Schon fast flügge Buschbrüter (Ästlinge) könnten auf einen geeigneten Ast – gleich in der Nähe – gesetzt werden. Vögel bemerken den Geruch der menschlichen Hand nicht, wohl aber stört sie längeres Hantieren mit den Jungen und die allgemeine Beunruhigung. Deshalb sollte man sich schnell vom Ort wieder entfernen, ohne Weiteres zu unternehmen.
Menschliches Handeln ist nur dann gefordert, wenn der Jungvogel wirklich verunglückt oder verletzt ist. Aus sicherer Distanz sollte zunächst beobachtet werden, ob sich die Elterntiere um den hilflos wirkenden Vogel kümmern. Ist das Jungtier tatsächlich über Stunden hinweg auf sich gestellt und wird immer schwächer, sollte mit dem zuständigen Amt. für Naturschutz bei den Städten und Landkreisen telefonisch abgeklärt werden, ob die Tiere in eine Auffangstation verbracht werden sollen. Nur dort sollten Jungvögel artgerecht aufgezogen und auf ihre spätere Wiederauswilderung vorbereitet werden.
Angemerkt sei, dass viele Tierarten auf eine hohe Sterblichkeit ihrer Brut eingestellt sind und das wie im Falle der Meisen mit einer größeren Zahl von Eiern oder mehreren Gelegen im Jahr kompensieren. In der freien Natur ist der Tod immer der Begleiter vieler junger Tiere. Bei Greifvögeln kommt es gerade bei nahrungsarmen Regenzeiten oder Mäusemangel sogar oft vor, dass die große Jungeule oder das ältere Junge einer Weihe den kleinen Geschwister-Vogel kannibalistisch kröpft. Damit kommt wenigstens ein Jungtier durch, als dass beide sterben müssten.
Die BSH hat ein Merkblatt mit weiterführenden Informationen zum Thema „Pflege- und Auffangstationen in Niedersachsen“ (Merkblatt 51) erstellt. Erhältlich ist es in der Geschäftsstelle der BSH in Wardenburg, im Internet unter www.bsh-natur.de (Veröffentlichungen)  zu finden oder telefonisch unter 04407-5111.
Verantwortlich:
Rieke Hobbie (BSH), Tel.: 04407-5111